Mama zickt mal wieder. Und was passiert, wenn Mama zickt? Alle anderen drum herum tun es auch. Die Kids, der Ehemann, der Hund, ja sogar die Topfpflanzen und Wollmäuse sind schlecht drauf. Das ist wie eine Welle. Sie schwappt über. Physikalisches Gesetz.
Mama gut drauf = alle gut drauf. Mama schlecht drauf = alle anderen schlecht drauf .
Im Grunde geht es dabei immer um eins: Es ist einfach zu viel. Das Maß ist voll, das Fass läuft über, der Sack Reis fällt um. Und Mama irgendwann auch.
Fakt ist: Wir Mamas überschlagen uns gerade zu, um allen anderen gerecht zu werden.
Listlein füll dich
Aber es steht ja auch so viel auf der LISTE!
Jede Frau kennt sie, sie wird nicht kürzer, wenn man Mama ist. Hier steht alles, was wir dringend erledigen müssen, immer schon mal tun wollten, uns zugerufen wird, uns ungefragt über diverse Kanäle zugeschickt wird, wir auf dem Schulhof aufgeschnappt haben:
Bücher in der Bücherei verlängern, Butterkäse kaufen, Geburtstagsgeschenk besorgen, Gartenmöbel anstreichen, Auto in die Waschanlage fahren, Oma und Opa anrufen, Schwimmsachen für die Schule einpacken, Arzttermin für die nächste U machen, Zum Frisör gehen (dringend!!!), die letzten Umzugskisten auspacken (seit 3 Jahren steht das auf der Liste), Beine epilieren, einen Bikini kaufen, der dich brauner und dünner aussehen lässt (verdammt, Wunschtraum), in diverse Doodle Listen eintragen, Online Überweisungen machen, Putzfrau finden, Steuererklärung machen, Mitarbeitergespräch beim Chef anmelden, Erdbeeren selber pflücken gehen (bevor wieder die Saison zu Ende ist) …
Wie in Grimms Märchen "Tischlein deck dich" füllt sich die Liste immer wieder aufs Neue. Kaum sind ein paar Punkte abgearbeitet, ZACK, sind da ein paar neue Punkte.
"Die armen Mamas" sagen die einen.
"Selber Schuld" sagen die anderen. Unverschämtheit! Oder?
In einer seltenen Stunde der Stille (ok, es waren nur 30 Minuten) habe ich mir die Frage gestellt, was dran ist, an diesem "Selber Schuld".
Natürlich haben wir viel auf dem Zettel, der Never-Ending-MAMA-To-Do-Liste".
Alles für sich hat oft seine Berechtigung und ist wichtig. Aber wenn das Glas voll ist, schwappt es über. Ja, auch ein Eimer ist irgendwann voll.
Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht.
Zitronenkuchen statt Todesstern
Quelle: rawwr.org
Der Anspruch an uns selber ist zu hoch. Das wurde mir spätestens klar, als mein Sohn auf die Frage, welchen Kuchen er gerne zum Geburtstag hätte, antwortete: Zitronenkuchen. Ich hatte den Finger schon auf „Chefkoch.de, Pinterest & Co“ und hatte mindestens mit dem Stars Wars Todesstern oder einem Fußballstadion gerechnet.
Selber Schuld kann ich da nur sagen. Zum Glück hatte ich ihn vorher gefragt und nicht einfach drauflos gebacken.
Und auch bei der Frage, was wir an einem gemeinsamen freien Tag machen sollen: Kletterwald, Freizeitpark, Wasserrutschen-Paradies …? lautete die Antwort: gemeinsam im Garten Fußball spielen und danach ein Eis essen. Selber Schuld.
Wer nachfragt, ist wirklich klar im Vorteil.
Das Gute an "Selber Schuld" ist: Ich kann es selber in die Hand nehmen.
Ich kann es ändern. Ich kann meinen Anspruch an mich runter schrauben. Improvisation statt Perfektion.
Und tatsächlich. Wer weniger perfekt ist, hat mehr Zeit für sich.
Ich kann die Liste umschreiben. Aber was soll stattdessen auf meine aktuelle Liste? Bedürfnisse und Werte haben sich verändert. Single, Paar, Familie, mit und ohne Job, Alter – es gibt so viel was eine Rolle dabei spielt. Wie sieht es im Hier und Jetzt aus? Was sind meine Werte? Was treibt mich an? Was macht mich glücklich?
Die Demonstration vor der Revolution
Tatsächlich. Irgendwo ganz unten auf meinem Seelengrund ist da etwas. Meine ganz eigenen Werte und Bedürfnisse. Verdeckt und überladen von den ganzen Aufgaben des getackteten Alltags. Hin und wieder dürfen sie ja auch schon raus aus dem Keller. Aber welche sind es ganz konkret?
Was wenn meine Werte und Bedürfnisse kleine Männchen wären?
Eine Gruppe von Demonstranten. Sie sehen ganz verschieden aus, brauchen unterschiedliche Nahrung, sind mal lauter und leiser, dicker und dünner. Sie haben aber alle eins gemeinsam. Sie demonstrieren für mich!
Eigentlich demonstrieren Sie schon ziemlich lange. Irgendwo da unten in einer Ecke.
Vielleicht liegt es daran, dass meine Kids zu laut und zu oft MAMA schreien. Und der Chef seine Zahlen braucht. Und der Mann seine Aufmerksamkeit. Und der Hund seine Streicheleinheiten. Aber eins ist mal klar. Zickt die Mama nur noch rum, ist es höchste Eisenbahn einen Blick auf die Demonstration zu werfen, bevor noch eine Revolution daraus wird.
Was ist da also los bei mir? Ein Bedürfnis-Demonstrant hält das Schild Freundschaft ganz hoch. Es folgt ihm jemand mit einem Transparent auf dem steht was von Gerechtigkeit. Abwechslung und Kreativität kann ich sehen. Ach und die gute alte Spontaneität. (Und damit meine ich nicht die Spontaneität, wenn der erste Tag im neuen Job ansteht, ein Kind aber Fieber hat, der Hund Durchfall und die Großeltern im Urlaub sind.)
Es winken Männchen, die für Ordnung und Struktur kämpfen. Ja auch für den Wunsch nach Bewegung wird in mir demonstriert. Und ganz hinten in der Reihe springt jemand hoch, der ein dickes fettes Herz und das Wort Zweisamkeit auf der Liste hat. (Wenn ich doch abends nicht immer so müde wäre... ) Und völlig zurück gedrängt von den anderen Demonstranten, laufen da auch noch die Freiheit, Ruhe und Entspannung herum.
Wegweise(r)
Was jetzt tun mit den Schild-Trägern? Nach einer Demo muss schließlich eine Verhandlung folgen. Es muss etwas her, das mich in meinem Alltag rettet, ein Kompass für den Weg zur eigenen Zufriedenheit.
Ein Werte-Kompass soll es sein, der mir immer wieder kleine Inseln aufzeigt, auf denen ich zum Zuge komme. Ein Kompass gegen das Zicken und für das Glück.
Die Demonstranten können trotzdem bleiben. Sie demonstrieren ja schließlich für mich und meine Werte und Bedürfnisse. Das ist im eigenen Grundgesetz so verankert. Jedes Bedürfnis hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Sonst würde sich nichts ändern. Zicken ist erlaubt.
Wichtig ist, dass wir unsere aktuellen Bedürfnisse (er)kennen, ihnen Aufmerksamkeit schenken.
Dann kommt das Glück von ganz allein.
Happy Wife = Happy Life
Ich kann es jetzt deuten. Es ist die Freundschaft wenn ich abends nochmal loswill, um eine Freundin zu treffen. Es ist Gerechtigkeit, wenn der Papa auch mal zum Elternabend fahren soll. Wertschätzung ist im Spiel, wenn ich für mein Alltags-Jonglieren im Job und zu Hause gelobt werden will, und das Bedürfnis nach Ordnung, wenn abends zusammen Körbe mit Wäsche gefaltet werden. Die Sicherheit und Abwechslung kämpfen miteinander wenn ich über einen Jobwechsel nachdenke. Und das es tatsächlich einen wichtigen Unterschied für mich zwischen Entspannung und Ruhe gibt war mir neu.
Seit ich meine Bedürfnissen klarer definiere, fällt es mir in der Kommunikation mit anderen auch viel leichter, diese zu formulieren und einzufordern. Na gut, fast. Manchmal schreien auch meine Demonstranten alle durcheinander. Und ich mit.
Und so hat es dann schlussendlich auch was Gutes, dass unser Gezicke so eine große Auswirkung auf unser Umfeld hat und dass wir Mamas mit unseren Stimmungen immer im Mittelpunkt des Familien-Alltags stehen wie das zentrale Mittelfeld im Fußball.
In diesem Sinne:
Happy Wife = Happy Life
Happy Mamily = Happy Family